Hilfe und Dokumentation zu WdK-Explorer

Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 55

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
55 bleiben, daß der Bund zerfiel und nur eine lose Verbindung unter den Städten am Rheine bestehen blieb. (Nach Schwebel.) Diesem ersten Versuche, durch Bündnisse mit Gleichgesinnten den Landfrieden zu erhalten, sind dann noch sehr viele andere gefolgt, aber kein Bund hat lange Bestand gehabt. Die wichtigsten in der langen Reihe der Verbindungen sind folgende: Der schwäbische Bund von 1376, der sich besonbers gegen den Grafen Eberharb von Württemberg richtete (Schlachten bei Reutlingen 1377 und bei Döffingen 1388), der neue rheinische Bund, der 1354 auf Veranlassung Karls Iv. entstand, und der schwäbische Bund von 1488. Derselbe hatte einen Bundesrat, ein Bundesgericht und ein Bundesheer von 12000 Mann Fußvolk und 1200 Mann Reiterei. Obgleich er fast fünfzig Jahre bestand, hat er doch für die dauernde Befestigung des Landfriedens wenig von Bedeutung geleistet. Erst als die Städte erkannten, daß die geheime Feinbschast der Fürsten gegen ihre Wohlfahrt nie ganz zu überwinben war, vielmehr bei der geringsten Veranlassung offen ausbrach, verzichteten sie auf diese Verbindung und suchten untereinanber engeren Anschluß. Das führte zur Entstehung des Hansabunbes. i&®e?ra. Sein Anfang ist in Dunkel gehüllt, sein Name führt uns zurück bund. zu der fernsten Vergangenheit. In der gotischen Bibelübersetzung des Ulfilas heißt es Marc. 15, 16: ,Die Kriegsknechte aber führten Jesum hinein in das Richthaus und riefen zusammen alla liansa b. i. die ganze Schar/ Es bebeutet bemnach soviel wie: kriegerische Verbindung, Heeresabteilung. Im Saufe der Zeit veränderte sich der Sinn des Wortes etwas, man bezeichnete zumeist kaufmännische Vereinigungen sowie die Abgaben oder Zahlungen, welche das Recht, an einer solchen Vereinigung teilzunehmen, dem Einzelnen auflegt, damit; dieselbe Bedeutung Haben Gilbe, Jnmmg, Zeche, Gaffel u. s. w. Nur in der Genossenschaft, in der Vereinigung konnte im Mittelalter der Einzelne wirken und für seine Thätigkeit den nötigen Schutz finben. Die Verbindung mit Gleichstrebenben umfaßte das ganze Leben, war in vielen Fällen erblich und biente als Mittel zur Erfüllung der mannigfaltigsten Zwecke, wissenschaftlicher, künstlerischer, religiöser nicht weniger, als staatlicher, landwirtschaftlicher und gewerblicher. „Die Hansa war, ehe sie ein Bund deutscher Städte ward, eine Vereinigung derjenigen deutschen Kaufleute, die über Land und Meer zogen, um die Waren an ihrer Ursprungsquelle zu holen und den Käufern zuzuführen. Dem Verkehr der bamaligen Zeit fehlte Auftrags- und

2. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 42

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
42 Feind: den schwäbischen Bund zu verwenden. Die Bauern ihrerseits hofften in Herzog Ulrich gleichfalls eine willkommene Hilfe gegen den schwäbischen Bund zu gewinnen. Nicht Gemeinschaft oder Verwandtschaft grundsätzlicher Ansichten und Bestrebungen führte die Bauern und Herzog Ulrich zusammen; sie wollten lediglich einen gemeinsamen Gegner mit gemeinsamer Kraft zu Boden werfen. Daß die Bauern die Haltung des schwäbischen Bundes richtig beurteilten, geht aus dem Wort (vom 17. Februar 1525) des bayrischen Kanzlers Leonhard von Eck hervor, welcher allzeit einer der grimmigsten Feinde der Bauern gewesen und mit seinem Rat die Entschließungen des schwäbischen Bundes beherrschte: „Wenn der verfluchte Mann, der Herzog nit wär, fo wollten wir die Bauern wohl erputzeu." Die Vertreter des Allgäuer Hausens konnten darauf hinweisen, daß sie sich mit der Beteuerung und der Zusicherung friedlicher Absichten an Erzherzog Ferdinand, der von seinem Bruder Kaiser Karl V. als Vertreter in Deutschland zurückgelassen worden, gewandt hatten, daß indes ihre eindringlichen Forderungen an ihn, „als den kaiserlichen Statthalter, den Liebhaber der Gerechtigkeit, den Grund, Ursprung und Beschirmer des göttlichen Rechtes" bislang erfolglos geblieben. „Es hat etwas Rührendes, wie diese von ihren kleinen Herren gequälten und zur Notwehr getriebenen Leute im letzten Augenblicke noch ihre Blicke nach dem Kaiser richten, von welchem die niedrigen Schichten des Volkes gewohnt waren, Hilfe und Erlösung zu erwarten." Doch der Kaiser war fern, indes auch seine Anwesenheit hätte in diesem Punkte wenig gefruchtet. Ebensowenig wie Karl V. die Sprache seiner deutschen Unterthanen vollauf verstand, ebensowenig verstand er der deutschen Bauern Wesen und Art. Ebensowenig wie er bei seinen weltumspannenden Herrscherplänen dem deutschen Volke seine vornehm-lichste Sorge zuwandte, ebensowenig hatte er Sinn und Herz für des gemeinen Mannes Not und Klage. Auch der junge Erzherzog Ferdinand, welcher durch seine Erziehung schon dem deutschen Wesen entfremdet worden, hatte nicht genugsam Einblick in die volkswirtschaftlichen und staatsrechtlichen Verhältnisse Deutschlands, um die Klagen der Bauern begreiflich oder gar berechtigt zu finden. In feinen Entschließungen war er von seinen Ratgebern abhängig, und dies waren durchweg grundsätzliche Gegner der Bauern. Ulrich Schmid nun bekämpfte mit beweglich eindringlichen Worten solche ungestüme Hitze, welche nur Mittel der Gewalt anerkennen wollte. Er fand bei diesem Widerstreite einen redegewandten Beistand an

3. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 48

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
48 Das Schicksal des Reformentwurfes und seiner friedlichen Be- strebungen hing davon ab, ob und inwieweit die Herren der Bauern sich zu den gebotenen Einräumungen bereit finden ließen, oder ob und inwieweit eine höhere Macht, die Reichsregierung, gewillt war, bei den Herren der Bauern diese Einräumungen auf dem Wege der Gesetzgebung zu erzwingen. Manche dieser Einräumungen wären seitens der Herren thatsächlich Opfer gewesen; manche wären nur von den Herren als Opfer angesehen worden, während sie doch in Wahrheit lediglich ein Aufgeben rechtswidriger Zustände gewesen. Diese Opfer mußten von den Herren um so schwerer empfunden werden, je länger sie sich im Besitze dieser wirklichen oder vermeintlichen Rechte wußten. Viele der Herren versagten sich der Einsicht von der Un- abweisbarkeit einer verbessernden Umgestaltung; andern mangelte es trotz dieser Einsicht an Versöhnlichkeit und Opfermut. Die Selbstsucht überwog bei nur zu vielen den Sinn für das Gesamtwohl. Wo nur durch Thaten dem Verderben, wie es der drohende Bürgerkrieg in sich barg, gesteuert werden konnte, scheuten sie selbst vor einem versöhnlichen Worte zurück, um nur nicht ihrer Würde und ihrem Rechte, wie sie vermeinten, etwas zu vergeben. Das Reichsregiment begnügte sich damit, den schwäbischen Bund und die Bauernschaften durch zwei Gesandte zu einem friedlichen Ausgleich ermahnen zu lassen. Auf diesen ebenso schwächlichen wie kläglichen Versuch beschränkte sich die Mitwirkung des Reichsregiments bei einer der wichtigsten Lebensfragen des Reiches. Entscheidend wurde die Haltung des schwäbischen Bundes. Zwar stellten einige der kleineren Bundesstädte den Antrag auf Verständigung mit den Bauern. Sie fürchteten Unruhen innerhalb ihrer eigenen Mauern; sie fürchteten bei einer Erhebung der Bauern für sich selbst Rückgang in Handel und Gewerbe. Der schwäbische Bund indes ließ sich in seinen Entschließungen durch Rücksichten anderer Art bestimmen. Der Versuch des Herzogs Ulrich von Württemberg, sein Land wieder zu gewinnen, war gescheitert, noch ehe die gegen ihn aufgebotene Kriegsmacht des schwäbischen Bundes in die Entscheidung hätte eingreifen können. Damit stand dem Bunde ein stattliches Kriegsheer zur freien Verfügung. Das Schwert war einmal gezückt; seine Schärfe sollte nunmehr die Bauern treffen. Solchergestalt war die Meinung des Kanzlers Leonhard von Eck, welcher den Bauern gegenüber von nichts wissen wollte als von Hauen, Würgen, Stechen. Sein Rat schlug durch. An

4. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 24

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
24 Ergebnisse, deren spätere Durchschlinguug mit den Wirkungen der geistigen Bewegung das Schicksal der Reformation, ja unseres Volkes überhaupt mindestens während der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts bestimmt hat. Noch Kaiser Sigmund hatte im Anfange seiner Regierung eine monarchische Reform der Verfassung mit Hilfe der Städte gegen die Fürsten versucht. Er war bamit infolge der Lauheit der Städte und noch mehr infolge des energischen Hanbelns der Kurfürsten gescheitert. Seit Mitte des fünfzehnten Jahrhunberts war dann keine Frage mehr-gewesen, daß die Reichsverfassung nur noch in föberalistisch-fürstlichem Sinne entwickelt werben könne. Der fürstliche Föberalismns hatte benn auch die Wahl Karls V. beherrscht. In seiner Wahlkapitulation hatte der Kaiser versprechen müssen, ein Reichsregiment im Sinne des Regiments unter Kaiser Max einzurichten, und alsbalb, nachbem er ins Reich gekommen, war er an die Ausführung bieses Versprechens gemahnt worben. Auf dem Wormser Reichstage des Jahres 1521 überreichten ihm die Stänbe einen Entwurf über Errichtung des Reichsregiments wie des Kammergerichts: auf biefem Gebiete vor allem andern brangeu sie auf feste Beschlüsse. Der stänbische Entwurf des Reichsregiments ging sehr weit; durch-gesührt hätte er die Herabsetzung des kaiserlichen Amtes zu einer bloßen Würbe, zu einem Ornament bebentet. Und mich die Städte wären babei ihrer verfassungsmäßigen Bebentnng im Reiche fast ganz ent-kleibet worben. Karl V. bachte natürlich nicht baran, einen solchen Entwurf ohne weiteres anzunehmen. Allein in den langwierigen Verhanblungen, die jetzt begannen, mußte er sich boch, ba er der kriegerischen Hilfe des Reiches bedurfte, in manchen Punkten den fürstlichen Ansprüchen fügen. Zwar sollte das Regiment nur währenb der Abwesenheit Karls selb-stänbig, sonst nur als Reichsrat neben ihm thätig sein; man wußte aber, daß der Kaiser viel außerhalb des Reiches sein werbe. Auch sollten dem Kaiser die auswärtigen Angelegenheiten grundsätzlich vorbehalten sein; doch wurde durchgesetzt, daß das Reichsregimeut mit andern christlichen Ständen und Gewalten handeln möge, um deu Anfechtern des Reiches Widerstand zu thun. Im ganzen war das Regiment politisch doch ziemlich ständisch, d. H. fürstlich charakterisiert. Dem Widerpart zu halten war auch die Statthalterschaft des Erzherzogs Ferdinand zunächst wenig imstande; denn Ferdinand war einstweilen

5. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 75

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
75 gleichgesinnte Laien, ließ Altäre und Bilder wieder aufrichten, und die Pfalz mußte lutherisch werden, wenn dies auch nicht gerade im einseitigsten Grade durchgeführt wurde. Aber schon sieben Jahre später erhob der energische Pfalzgraf Johann Kasimir als Vormund des minderjährigen Friedrich Iv. den Calvinismus wiederum zur herrschenden Glaubensform, schritt aber gegen die lutherischen Geistlichen erst ein, als sie widersetzlich auftraten. Unter solchen fürstlichen Launen verloren die Unterthanen allen Halt im Glauben wie im Handeln. Ähnliches geschah in Sachsen. Kurfürst August war mehr an der Hegemonie seines Hauses über die deutschen Protestanten und an dem guten Einvernehmen mit dem Kaiser gelegen, als an konfessionellen Einzelheiten. Er hatte auch bis dahin die vermittelnde melanchthonische Richtung begünstigt. Durch den Einfluß seiner Gattin Anna und seines Hofpredigers Listenius wurde er im Jahre 1573 zum eifrigen Lutheraner und vertrieb zur großen Freude des Kaisers die „Kryptocalvinisten". Ihr Führer, der Kanzler C r a c o (Cracau) wurde in Leipzig öffentlich durchgepeitscht und in der Pleißenburg zu Tode gefoltert; der Hofprediger Stößel wurde gefangen gesetzt und starb im Wahnsinn; Kaspar Peucer mußte zwölf lange Jahre im Kerker schmachten, ■ währenddessen ‘seine Gattin, Melanchthons Tochter, aus dem Leben schied. Indessen erließ August unter der Leitung des Tübinger Kanzlers Jakob Audreä die angeblich rein lutherische, aber mehr antimelanch- thonianische Konkordienformel oder das „torgische Buch". Von den übrigen protestantischen Staaten wurde dieselbe aber, teils als nicht genug, teils als allzu lutherisch, verworfen. Deshalb ließ Kurfürst August (1577) im Kloster Bergen bei Magdeburg eine Umarbeitung beraten und vornehmen, die nun in Sachsen und Brandenburg als „bergisches Buch" mit Hochdruck eingeführt wurde. Auch in den meisten übrigen protestantischen Staaten fand sie Aufnahme; in Heffen, Anhalt und der Pfalz aber, sowie in der öffentlichen Meinung erfuhr sie entschiedene, ja die derbste Ablehnung; erst 1580 wurde das Werk veröffentlicht. Schon im Jahre 1581 stellten ihm die Calvinisten die „Bekenntnisharmonie" gegenüber, während die orthodoxen Lutheraner offen bekannten, dem Papsttum näher zu stehen als ihren protestantischen Gegnern. Im Februar 1586 starb Kurfürst August; sein Sohn Christian I. folgte ihm. Dieser Regierungswechsel erlangte für das evangelische

6. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 41

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
41 zuräumen mit den bestehenden Übelständen. Auch Adelige gab es unter ihren Hauptleuten. „Und also praktizierten — so heißt es — die drei Hausen in Schwaben, daß fast alle Bauernschaft zu ihnen fiele." Am 6. März 1525 vereinigten sich die Vertrauensmänner dieser drei Haufen, zusammen fünfzig von den Bauern erwählte Hauptleute, in Memmingen zu gemeinsamer Tagung. Man hatte gerade die freie Reichsstadt Memmingen zum Orte dieses ersten „Bauernparlamentes" gewählt, weil Memmingen sich den Bewegungen, wie sie die Zeit beherrschten, günstig erwiesen. Memmingen hatte bereits die neue Lehre, das Evangelium, wie man zu sagen pflegte, namentlich unter dem Bemühen des Pfarrers Christoph Schappeler in seine Mauern ausgenommen. Auch hatte es den Bauern, die auf dem Grundeigen der Stadt seßhaft waren, erbetene Erleichterung gewährt: so Aufhebung der 'Leibeigenschaft, Milderung des Jagdrechts, Beschränkung der Fronden. Vom Rate der Stadt Memmingen wurden die Hauptleute der Bauern mit einem Ehrentruuke willkommen geheißen; die Zunftstube der Krämer ward ihnen zur Versammlung eingeräumt. Die Verhandlungen dauerten den ganzen Tag über; sie Verliesen lebhaft, stürmisch, erbittert. Zwei Meinungen vor allem standen einander gegenüber, unversöhnlich und unvereinbar. Ulrich Schmid und mit ihm die Baltringer vertraten die maßvollere Ansicht. Sie sprachen sich dahin aus, man solle allein das erstreben, was Gottes Wort erweise; „seiner Sentenz wollten sie geleben, nachkommen und nicht weiter dringen". Die Umgestaltung der volkswirtschaftlichen Verhältnisse sollte also nach dem bemessen werden, was darüber im Evangelium erkennbar war; auf dem, was das Evangelium darüber aufstellte, sollte bestanden werden; darüber hinaus indes sollte kein Schritt geschehen. Durch Verhandlung und Vertrag sollte dann die begehrte Umgestaltung angebahnt werden. Die Seebauern indes waren anderer Ansicht; sie zogen zunächst auch die aus dem Allgäu aus ihre Seite. Sie trugen, so wird berichtet, an den maßvollen Ansichten des Ulrich Schmid kein Gefallen; „sie vermeinten nichts Besseres, als nun tapfer mit dem Schwerte durchzudringen." Sie rechneten auf Versprechen und Zusage des Herzogs Ulrich von Württemberg, welcher ans seinem Herzogtum vertrieben worden und sich nun den Anschein gab, sich der Bauern anzunehmen; doch nicht der Bauern wegen trat er mit ihnen in Verbindung; er dachte vielmehr ihre Hilse gegen seinen schlimmsten

7. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 43

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
43 Sebastian Lotzer, einem Kürschnermeister aus Memmingen. Dieser, „ein an Beschrift gelehrter und solcher Dinge erfahrener Geselle", war von Ulrich Schmid zum Feldschreiber auserkoren worden. Hochbetrübt und mit weinenden Augen sprachen beide auf die Bauernhauptleute ein. Und um sie vor dem Bündnis mit Herzog Ulrich, das da der Krieg war, zu bewahren, stellten sie den Antrag, daß man mit keinem andern sich in Vertrag und Bündnis einlassen sollte. Ein dritter Sprecher im Sinne der gemäßigten Ansicht war der Prediger Christian Schappeler aus Memmingen. „Mit vielen und mancherlei Beispielen aus dem Alten und Näien Testamente mahnte er", keine That des Aufruhrs zu begehen, die Lösung nicht dem Schwerte anheimzugeben, sondern mit Liebe und Freundschaft sich mit den Herren zu benehmen; sonst werde die Angelegenheit schließlich ihrem eigenen Hause zum Übel aus-schlagen. Allein die gemäßigten Ansichten sanden bei der Mehrheit keinen Beisall; eine Einigung ward nicht erzielt. Darüber war es 5 Uhr nachmittags geworden; damit war nach der Sitte der Zeit die Stunde des Nachtessens gekommen. Nun schied man unverrichteter Sache und in Uneinigkeit voneinander, das Nachtmahl zu nehmen. Ulrich Schmid und seine Gesinnungsgenossen gingen niedergeschlagen und trostlos hinweg; sie konnten die Befürchtung nicht abwehren, die Seebauern und die Allgäuer würden im Zwiespalt von dannen ziehen. Während des Nachtessens indessen gewann auch bei den Seebauern und den Allgäuern bei ernstlicher Erwägung die gemäßigte Ansicht die Oberhand. Sie entsandten Boten zu Ulrich Schmid mit dem Bescheid, daß sie die Vorschläge der Baltringer zu den ihrigen machen und treu an ihrer Seite Leib, Ehre und Gut einsetzen wollten. Daraus gelobten die bäuerlichen Vertrauensmänner bei einer sofortigen Zusammenkunft einander durch Handschlag wechselseitig Treue und wünschten sich und ihrer Sache Glück und Heil. An den nächstfolgenden Tagen fanden ergebnisreiche Beratungen statt. Eine Bundesordnung und eine Landesordnung wurde vereinbart. Im Eingänge der Bundesordnung vom 7. März wird nachdrücklichst hervorgehoben, daß die Bauern sich zu einer christlichen Vereinigung zusammengethan hätten zu niemandes Verdruß und Nachteil, sondern zur Rührung und Wiedererbauung christlicher Liebe. Die Bundesordnung verpflichtet die Teilnehmer, der Obrigkeit in allem gehorsam Zu sein, so weit dies die Satzungen des göttlichen Rechtes gebieten und

8. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 199

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
199 gegriffen werden würde; sie schickte ihre Boten an den Kaiser und an den Reichstag mit den flehendlichsten Briefen, um sich des deutschen Reiches Schutz zu sichern! Nur eine unbedeutende, vorn Regensburger Reichstage der Bedrängten Stadt gewährte Beihilfe an Geld Brachten die Gesandten heim. Die kaiserlichen Besatzungstruppen waren schon am 11. Juni 1679 aus Straßburg aßgezogen; — eigene Truppen anzuwerben, war Bei der gänzlichen, durch nicht weniger als fünfzig Kriegs-jahre herbeigeführten Not der Stadt unmöglich. Die Krone Frankreich, jetzt ihren Blendenden Schimmer werfend auch auf deutsches Land, ging nun, im Jahre 1680, offen mit dem Raub von Straßburgs Stadtgut vor; die vielberufene Reunionskammer von Breisach nahm die Ämter Wasselnheim, Barr, Jllkirch, Marlenheim für Frankreich in Beschlag. Mit Klageschriften, mit Dupliken, mit Dokumenten jeder Art bewies die Stadt das ihr geschehene, himmelschreiende Unrecht; umsonst, — die Schwarzenberg, die Montecuculi in Wien, s i e hatten nicht den Mut, zu hören! Da suchten Straßburger Bürger selbst das harte Herz Ludwigs Xiv. altem Rechte zugänglich zu machen: sie baten, daß man sie bei Deutschland lasse, — »et le roi etait trös-mal satisfait de la ville!« Endlich beschloß der kaiserliche Hof zu Wien, dieser in dem Todeskampfe liegenden Bürgerschaft einige Tausend Mann zu Hilfe zu senden; — man konnte aber keinen Reiter mehr in die gefährdete Stadt hinein bringen; sie war von allen Seiten eingeschlossen! Diese bitteren Erfahrungen, diese Hoffnungslosigkeit, dies langsame Verschwinden jeder Hilfe machte die Straßburger gefügiger, als Männer je sich zeigen dürfen auch in der höchsten Not. Hatten diese deutschen Bürger sich vorher gegen jede Annexion von Straßburg auf das äußerste gesträubt: jetzt sanken ihnen die Arme in den Schoß! Mit kleinen, „unbedeutenden" (!) Gefälligkeiten fing die große Schande an. Dem Könige zuliebe ließ im Jahre 1680 der Rat den Brückenkopf bei Kehl zerstören; ja, man fand's für angezeigt, den hochgebornen Residenten der großen, allerchristlichsten Majestät die feige, schmachvolle Versicherung zu geben, daß die Anwesenheit der kaiserlichen Diplomaten Merey mit Politik und Staats-Aktionen nicht zusammenhinge! In Angst und mit der kläglichen Miene totaler Hilfs- und Ratlosigkeit blickten diese gravitätischen Herren im Staatsrock und der Perrücke auf die Truppenbewegungen hin, welche »Sa Majeste« im Elsaß stattfinden ließ. Das Schwert saß ihnen allen an der Seite, — eine Gewohnheit, welche früher in den Heldenzeiten deutschen Bürgertumes nicht

9. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 214

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
214 war es denkbar, daß, wenn die Großherzoge und die übrigen Kleinstaaten einmal zusammenhielten, sie den vereinten Widerspruch von Österreich, Preußen und andern Königreichen, ein Zehntel gegen neun Zehntel, überstimmen konnten. So weit wie möglich, lagen innerhalb dieser Versammlung Berechtigung und Macht auseinander. Nur für wenige Gegenstände war eine andere Art der Abstimmung vorgesehen. Dann verwandelte sich der engere Rat, wie die Vereinigung der siebzehn Stimmen amtlich genannt wurde, in ein Plenum, in welchem zum Beschlusse entweder Einstimmigkeit oder eine Mehrheit von zwei Dritteln erforderlich war, und die sechs größten Staaten, welche zusammen 28 Stimmen unter 70 führten, mithin jeden ihnen mißliebigen Beschluß verhindern konnten. Der Geschäftsgang war, wie es bei Verhandlungen zwischen 39 Regierungen nicht anders sein konnte, äußerst schleppend. Jede Sache ging zur Vorberatung an einen Ausschuß; nach dessen Bericht hatten die Gesandten die Instruktion ihrer Höfe einzuholen: über dieselbe hatten in jeder der sechs letzten Kurien zwei, vier, sechs Regierungen sich zu verständigen, worüber oft Monate vergingen; war die ganze Sache einer Regierung lästig, so ließ sie ihren Gesandten unendlich lange ohne Instruktion; sollte schließlich zur Abstimmung geschritten werden, so erschienen neue Vorstellungen und Einwände, neue Instruktionen wurden nötig, oder die Sache ging wieder an den Ausschuß zurück und wurde dann nicht selten jahrelang in dessen Akten begraben. Notgedrungen trat sehr häusig au die Stelle sachlicher Beratung im Bundestage diplomatische Bearbeitung der kleinen Höfe durch die großen, und wo Preußen und Österreich gleiches Ziel verfolgten, wagte sich nur in seltenen Fällen ein Widerspruch hervor. Wie in der alten Zeit entschied also nicht das Verfassungsrecht, sondern das Verhalten der Wiener und Berliner Politik über Deutschlands Geschicke. Was die Stellung Deutschlands zum Auslande betraf, so waren die Bestimmungen der Bundesakte darüber nicht weniger ungenügend als über das innere Staatsrecht. Jeder Souverän war berechtigt, stehende Gesandtschaften zu halten und zu empfangen ; er durfte auch mit nichtdeutschen Regierungen Bündnisse jeder Art unter der einzigen Beschränkung abschließen, daß dieselben nicht gegen die Sicherheit Deutschlands gerichtet seien. Sogar der Soldatenhandel des vorigen Jahrhunderts

10. Das Zeitalter Friedrichs des Großen, Deutschland in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, Das Zeitalter Kaiser Wilhelms I. - S. 215

1902 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
215 wäre durch eine solche Bestimmung nicht ausgeschlossen gewesen. Diese Befugnis der Partiknlarstaaten war um so mißlicher, als drei fremde Könige Mitglieder des Staates waren, England für Hannover, Niederland für Luxemburg, Dänemark für Holstein. Ohne Zweifel wurde die Regierung dieser Bundeslande nicht nach deutschen, sondern nach fremden Interessen geführt, und bald genug sollte sich die Gefahr dieser Zwitterstellung nicht bloß für die darin befindlichen Territorien, sondern für das ganze öffentliche Leben Deutschlands zeigen. Daß die Präsidialmacht des Bundes, Österreich, bei dem Übergewicht ihrer anßer-bündischen Kronlande kaum ein wärmeres Herz als jene drei Höfe für die deutschen Interessen haben konnte, braucht nicht weiter erörtert zu werden. Vollendet wurde die Unsicherheit aller dieser Dinge durch die Aufnahme des deutschen Verfassungsgesetzes in die Wiener Kongreßakte, welche die fünf Großmächte nebst Schweden, Spanien und Portugal zur Regelung des gesamten europäischen Zustandes vereinbarten. Österreich und Preußen hatten diese Maßregel in dem guten Glauben betrieben, daß damit die Sicherung des Bundes gegen fremde Eingriffe durch Europa gewährleistet sei. Ganz anderer Meinung aber war man in Petersburg, Paris und London: nachdem die Bundesakte als Teil der Kongreßakte unter den Schutz der Mächte gestellt sei, dürfe auch Deutschland ohne die Erlaubnis der Garanten daran nichts ändern, stehe also unter europäischer Vormundschaft, genau so wie im 18. Jahrhundert Polen unter der russischen gestanden hatte. Der Zweifel war um so gefährlicher, als vom ersten Tage an recht viele deutsche Fürsten keine Bedenken trugen, bei innern Nöten oder nachbarlichen Händeln den hohen Schutz vornehmlich des russischen Kaisers anzurufen; soweit wie aus diplomatischem Wege möglich, lehnten wohl die beiden Großmächte derartige Einmischung ab, aber erst als im Jahre 1831 gegen eilten von jenen veranlaßten Bnndesbeschlnß die drei fremden Großmächte als Garanten der deutschen Verfassung einen förmlichen Protest anmeldeten, wies der Bundestag unter Preußens Vorgang die Anmaßung des Auslandes grundsätzlich zurück. Die Fremden ließen daraus den einzelnen Fall auf sich beruhen, hielten aber ihren Anspruch ausrecht und haben ihn noch oft in gefährlicher Weise durchzusetzen versucht. Die wichtigste Forderung eines großen Volkes, die nationale Unabhängigkeit, war
   bis 10 von 210 weiter»  »»
210 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 210 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer
Auswahl:
Filter:

TM Hauptwörter (50)50

# Name Treffer  
0 0
1 2
2 0
3 4
4 43
5 1
6 0
7 5
8 0
9 1
10 35
11 0
12 36
13 0
14 0
15 0
16 1
17 0
18 0
19 0
20 0
21 1
22 0
23 0
24 2
25 179
26 3
27 3
28 13
29 1
30 0
31 1
32 0
33 1
34 30
35 19
36 4
37 21
38 0
39 17
40 0
41 0
42 0
43 0
44 0
45 45
46 0
47 6
48 0
49 0

TM Hauptwörter (100)100

# Name Treffer  
0 0
1 14
2 0
3 6
4 7
5 0
6 0
7 1
8 77
9 28
10 0
11 0
12 1
13 0
14 0
15 4
16 19
17 44
18 0
19 7
20 1
21 0
22 0
23 2
24 0
25 2
26 0
27 0
28 2
29 7
30 3
31 0
32 9
33 0
34 7
35 0
36 7
37 0
38 25
39 3
40 1
41 49
42 5
43 10
44 8
45 31
46 8
47 0
48 1
49 0
50 0
51 12
52 14
53 0
54 0
55 0
56 4
57 0
58 2
59 8
60 190
61 6
62 0
63 0
64 0
65 0
66 1
67 0
68 15
69 2
70 0
71 3
72 19
73 1
74 6
75 0
76 3
77 9
78 0
79 0
80 1
81 0
82 1
83 0
84 0
85 1
86 3
87 1
88 0
89 0
90 2
91 2
92 102
93 0
94 2
95 0
96 3
97 1
98 36
99 0

TM Hauptwörter (200)200

# Name Treffer  
0 145
1 49
2 20
3 66
4 11
5 180
6 70
7 219
8 14
9 57
10 17
11 31
12 117
13 108
14 17
15 0
16 5
17 168
18 22
19 39
20 0
21 92
22 0
23 1
24 31
25 147
26 44
27 0
28 111
29 56
30 25
31 24
32 16
33 351
34 46
35 188
36 20
37 0
38 7
39 322
40 48
41 10
42 180
43 124
44 53
45 5
46 44
47 29
48 2
49 28
50 166
51 257
52 287
53 8
54 221
55 28
56 3
57 14
58 62
59 301
60 102
61 200
62 139
63 6
64 34
65 173
66 14
67 210
68 15
69 1
70 26
71 121
72 38
73 32
74 31
75 52
76 0
77 27
78 47
79 11
80 100
81 496
82 66
83 4
84 62
85 0
86 12
87 17
88 9
89 55
90 21
91 98
92 1
93 13
94 19
95 20
96 18
97 34
98 22
99 92
100 201
101 10
102 127
103 22
104 2
105 31
106 53
107 44
108 0
109 2
110 67
111 139
112 30
113 11
114 94
115 5
116 46
117 24
118 17
119 21
120 8
121 170
122 44
123 127
124 106
125 105
126 7
127 51
128 2
129 48
130 23
131 153
132 12
133 42
134 4
135 22
136 568
137 37
138 3
139 15
140 110
141 55
142 152
143 90
144 30
145 140
146 0
147 38
148 62
149 2
150 27
151 129
152 144
153 4
154 177
155 141
156 107
157 109
158 15
159 7
160 37
161 25
162 0
163 0
164 7
165 78
166 190
167 20
168 96
169 55
170 29
171 24
172 111
173 173
174 19
175 173
176 48
177 239
178 3
179 89
180 9
181 1
182 288
183 700
184 3
185 4
186 5
187 10
188 62
189 1
190 0
191 13
192 14
193 14
194 67
195 30
196 201
197 4
198 63
199 115